Dantons Tod
Georg Büchner
In Danton Tod kommen die Dantonist*innen in Kontakt mit einem erschütterndem Mechanismus der Geschichte: Egal welche politischen Veränderungen und Systemwechsel über die Jahrhunderte geschehen, egal, was für Inhalte auf den jeweiligen Plakaten und Programmen stehen: Das Leiden des Volkes endet nie. Ausbeutung reproduziert sich von System zu System. Denn der Hang zum Machtmissbrauch und zum Destruktiven ist grundsätzlicher Anteil der menschlichen Natur und somit allen Reformbewegungen unbewusst immanent.
Wie reagieren die Dantonist*innen? Sie schwören sämtlichen politischen Aktivitäten ab und leben nur noch für den Augenblick: für den (drogengestützten) Genuss, die nie endende Party, die sexuelle Ausschweifung, die großen philosophischen Fragen.
Diverser, queerer Hedonismus wird derweil zum Sündenbock und Hassobjekt eines Staatsterrorismus, der rigide konservative Moralvorstellungen als politisches Feigenblatt für den eigenen Machtmissbrauch und gesellschaftlichen Heißmacher für konservative/rechte Bewegungen nutzt.
Während der Gegenspieler Dantons, Robesspierre, die hedonistische Bestie in sich und der ganzen Gesellschaft auszurotten versucht und dafür Tausende umbringt, machen die Dantonist*innen unverhofft eine ganz andere Entdeckung: Sie entdecken einen Humanismus, eine Gewaltlosigkeit und eine Liebe zum Kreatürlichen in sich, zur Natur und ihren Geschöpfen in ihrer Vielfalt und Diversität, die aus dem Körper entspringt: Aus der körperlichen Erfahrung von Leiden und Todesnähe genauso wie aus Zärtlichkeit, Nähe, Rausch und Ekstase.
Veränderungswillige Menschen müssen in bewussten Kontakt mit ihren Täter*innenanteilen kommen, um zu verhindern, dass sie ihre neu gewonnene Macht missbrauchen und die Geschichte wiederholen.